Welche Anforderungen gibt es für die Errichtung eines wirksamen eigenhändigen Testaments? Mit dieser Frage musste sich auch das OLG Oldenburg in seiner vor kurzem erschienenen Entscheidung befassen.
Auch ein handschriftlicher Vermerk auf einem Kneipenblock, der gewöhnlich dazu verwendet wird Bestellungen zu notieren, kann ein wirksames eigenhändiges Testament (§ 2247 BGB) darstellen, entschied das OLG in seinem Beschluss vom 20.12.2023, Az. 3 W 96/23.
In seinem Beschluss hatte das Gericht zu beurteilen, ob der Vermerk „X.X. bekommt alles. TT.MM.2022, X.X.“ auf einem Kneipenblock, den ein Gastwirt hinter seinem Tresen aufbewahrte, ein wirksames eigenhändiges Testament i.S.v. § 2247 BGB sein kann. Diesbezüglich bestanden in der Vorinstanz (AG Westerstede, 30. August 2023, 31 VI 1122/23) noch erhebliche Zweifel.
Das AG urteilte, dass bereits wegen der Art des Schreibpapiers kein sog. Testierwille unterstellt werden könne.
Dem ist das OLG zurecht mit der Begründung entgegengetreten, dass zwar eine Abweichung von für Testamente üblichen Gepflogenheiten vorliegt, ein Testierwille sich aber dennoch im Rahmen einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls und unter Zugrundelegung der allgemeinen Lebenserfahrung ergeben kann.
Da der verstorbene Gastwirt den Kneipenblock mit anderen wichtigen Unterlagen hinter dem Tresen verstaute und im Übrigen wenig Wert auf formalen Schriftverkehr legte, konnte in diesem Fall von einer für die Annahme eines Testierwillens hinreichenden Ernsthaftigkeit ausgegangen werden. Für diese Annahme sprachen auch von Zeugen bekundete Gespräche, die sich um die Erbeinsetzung von X.X. drehten. Ferner ging das Gericht davon aus, dass mit dem auf dem Kneipenblock vermerkten Spitznamen „X.X.“ lediglich seine Lebensgefährtin gemeint sein könne. Zuletzt hatte der Gastwirt die Notiz auf dem Kneipenblock auch unterschrieben, womit alle Voraussetzungen an die wirksame Errichtung eines eigenhändigen Testaments erfüllt waren.
Dieses lehrreiche Urteil auf dem Gebiet des Erbrechts zeigt, welch geringe Anforderungen ein eigenhändiges Testament tatsächlich erfüllen muss. Ratsam ist es aber dennoch sein Testament nicht auf einem Kneipenblock zu errichten – und, wenn es doch unbedingt sein muss, zumindest noch die Überschrift „Testament“ hinzuzufügen.
Relevante Normen:
§ 2247 BGB
(1) Der Erblasser kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten.
(2) Der Erblasser soll in der Erklärung angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort er sie niedergeschrieben hat.
(3) Die Unterschrift soll den Vornamen und den Familiennamen des Erblassers enthalten. Unterschreibt der Erblasser in anderer Weise und reicht diese Unterzeichnung zur Feststellung der Urheberschaft des Erblassers und der Ernstlichkeit seiner Erklärung aus, so steht eine solche Unterzeichnung der Gültigkeit des Testaments nicht entgegen.
(4) Wer minderjährig ist oder Geschriebenes nicht zu lesen vermag, kann ein Testament nicht nach obigen Vorschriften errichten.
(5) Enthält ein nach Absatz 1 errichtetes Testament keine Angabe über die Zeit der Errichtung und ergeben sich hieraus Zweifel über seine Gültigkeit, so ist das Testament nur dann als gültig anzusehen, wenn sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit der Errichtung anderweit treffen lassen. Dasselbe gilt entsprechend für ein Testament, das keine Angabe über den Ort der Errichtung enthält.